Regen ist ein Segen
Jährlich lädt der Alpwirtschaftsverein Vorarlberg am Sonntag nach dem Feiertag zum Alpwandertag in eine andere Talschaft in Vorarlberg ein. Dieses Jahr fiel die Wahl auf den Vorderen Bregenzerwald, genauer gesagt auf das Lecknertal. Das Lecknertal, eingebettet in die Nagelfluhkette, liegt im Gemeindegebiet von Hittisau und Oberstaufen (D). Auf beiden Seiten der Staatsgrenze gibt es rund 50 Alpen, die sich durch ihre sehr nährstoffreichen und wüchsigen Böden auszeichnen. Diese ermöglichen eine äußerst produktive, aber auch arbeitsintensive Alpwirtschaft, die überwiegend in privatem Besitz ist.
Vorhergesagter Dauerregen
Um 9:00 Uhr begrüßte Obmann Josef Türtscher rund 50 wetterfeste Wanderinnen und Wanderer, die sich trotz des angekündigten Regens auf dem Parkplatz Lecknertal eingefunden hatten. Die erste Station war die Alpe Koppach, betrieben von der Familie Artur und Claudia Greber. Artur berichtete ausführlich über die Alpe, die eine Gesamtfläche von 47 Hektar umfasst und mit knapp 30 Kühen, 20 Jungrindern und 5 Ziegen bewirtschaftet wird. Die letzte Sennung fand 1973 statt, seither wird die Milch, wie bei vielen Melkalpen im Lecknertal, an die Sennerei Hittisau geliefert. Seit 1990 bewirtschaftet Artur mit seiner Familie die Alpe, und der Neubau der gesamten Alphütte im Jahr 2005 brachte eine große Erleichterung. Als nächstes ging es auf der Rundwanderung zur Alpe Bereuter‘s Koppach, einer kleineren Melkalpe mit 5 Kühen und 20 Jungtieren, die von Irmgard und Johann Peter Bereuter betrieben wird.
Alpmesse auf der Alpe Lustenauer Koppach
Das Team der Alpe Oberes Koppach hatte sich bereits am Vortag auf das angekündigte Regenwetter vorbereitet. Unter einem großen Vordach aus Planen konnten rund 150 Personen eine stimmungsvolle Alpmesse mit Diakon Ludwig Zünd feiern. Die Alpe befindet sich seit 1930 im Besitz der Viehzuchtgenossenschaft Lustenau, die in diesem Jahr ihr 130-jähriges Bestehen feiert. Durch den Zukauf der Alpe Ochsenlager im Jahr 1993 kommt die Alpe auf eine Eigenfläche von 156 Hektar. Rund 150 Jungrinder und 15 Milchziegen werden für etwa 100 Tage gesömmert. Nach einer ausgiebigen Verpflegung sprachen zahlreiche Ehrengäste zu den Anwesenden. Die Grußworte des Bürgermeisters von Hittisau, Gerhard Beer, des Nationalrats Norbert Sieber, des Kammerpräsidenten Josef Moosbrugger und des Landesrats Christian Gantner betonten die Bedeutung der Alpwirtschaft im Allgemeinen und gingen angesichts der aktuellen Bedrohung durch den Wolf und andere Großraubtiere auf die Notwendigkeit des Schutzes dieser traditionellen Wirtschaftsform ein. Dass erstmals seit über 150 Jahren ein Problemwolf offiziell erlegt werden konnte, ist den Bemühungen der Politik und dem Einsatz der Jäger zu verdanken – ein wichtiger Schritt für die Zukunft der Alpwirtschaft.
Im Regen zur Alpe Äuele und Helmigen
Trotz des anhaltenden Regens ging es weiter zur Alpe Äuele, wo die Wandergruppe im Schutz der 2008 erbauten Alphütte den Ausführungen des Eigentümers Elmar Schwarz lauschten. Besonders bemerkenswert ist hier, dass die Weideflächen der Jungviehalpe sowohl in Deutschland als auch in Österreich liegen. Auf der Alpe Helmigen (D) stellten Markus, Hermann und Marianne Schwarz die Sennalpe und die Renovierung des Anbindestalls vor. In traditioneller Weise wird hier seit Jahrzehnten urAlpkäse auf höchstem Niveau aus der Milch der rund 35 Alpkühe hergestellt. Die Wanderer konnten sich selbst von der Qualität überzeugen und den frischen Seagen (Sennsuppe) genießen.
Alpe Neuschwand
Wie viele Alpen im Lecknertal hat auch die Alpe Neuschwand Langenegger Besitzer. Rebecca und Sebastian Nußbaumer betreiben seit vielen Jahren eine erfolgreiche Jausenstation, die den Gästen die Alpwirtschaft hautnah näherbringt. Auf dem Futtertisch stellte Sebastian seine Alpe mit 35 Milchkühen mit Weideflächen in Österreich und Deutschland, die Bewirtschaftung und den Ablauf im 2021 zum Laufstall umgebauten Stall detailliert vor. Gestärkt mit einem Stamperle ging es zur siebten und letzten Alpe auf dieser Runde.
Alpe Höfle
Die letzte Station war die Alpe Höfle, die zusammen mit dem Alpengasthof vom Eigentümer Eugen Rainer vorgestellt wurde. Die Alpe, die mit 15 Kühen und 25 Stück Jungvieh bestoßen ist, liefert ihre Milch ebenfalls an die Sennerei nach Hittisau. Seit zwei Jahren wird die Alpe von Linda und Florian Uth aus dem Allgäu mit viel Engagement gepachtet und auch der Alpengasthof bewirtschaftet.
Ein herzliches Dankeschön an die Älplerinnen und Älpler vor Ort für ihre Gastfreundschaft und die offenen und informativen Vorstellungen ihrer Alpen. Allen, die nicht dabei sein konnten, sei diese gemütliche Rundwanderung in einer alpwirtschaftlich äußerst interessanten Region mit vielen Einkehrmöglichkeiten empfohlen.