Mehr Schaden als Nutzen
Dadurch trat die Verordnung ganz knapp in Kraft und Gewessler hat damit einen Koalitionskrach ausgelöst. Das Bundeskanzleramt hat darauf eine sofortige Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gerichtshof und eine Klage gegen die Ministerin wegen Amtsmissbrauchs angekündigt. Landeshauptmann Markus Wallner spricht von einem „Koalitionsbruch“ und Verfasungsministerin Karoline Edstadler von einem Verfassungsbruch. Auch in der Land- und Forstwirtschaft stösst Gewesslers Alleingang auf Unverständnis. LK-Präsident Josef Moosbrugger kritisierte schon im Vorfeld des EU-Umweltministerrates die massive Bürokratie- und Kostenlawine, die Gefährdung der europäischen Versorgungssicherheit und den gleichzeitig völlig fraglichen Nutzen für Umwelt und Klima. „Gut gemeint, schlecht gemacht“, so lässt sich – neben der EU-Entwaldungsverordnung – auch das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur zusammenfassen. Die österreichischen Bäuerinnen und Bauern haben größtes Interesse, die natürlichen Ressourcen für die nächsten Generationen zu bewahren, und tun auch nachweislich sehr viel dafür. Man denke etwa an den jüngsten, europaweit vorbildhaften Biodiversitätsflächen-Rekord von 230.000 Hektar bzw. über zehn Prozent der Agrarnutzfläche. Die Renaturierungs-Verordnung wäre nicht nur eine enorme, schwierig umsetzbare Bürokratielawine. Sie brächte vielmehr auch massive Einschränkungen für unsere nachhaltige Land- und Forstwirtschaft und somit für unser aller Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln, erneuerbaren Energien und Rohstoffen mit sich. Nützen würde das Ganze einzig und allein klimaschädlichen Importen. Auch ist völlig unklar, woher die Finanzierung für die von der EU-Kommission angenommenen Kosten von rund 154 Milliarden Euro – bei völlig fraglichem Sinn und Output – kommen soll. „Die Bevölkerung hat sowohl ein Recht auf Nahrung und eine intakte Umwelt als auch auf einen sinnvollen Umgang mit Steuergeldern“, kritisiert Moosbrugger und weiter: „Auch die EU-Entwaldungsverordnung ist ein Bürokratiemonster und demotiviert unsere Waldbäuerinnen und -bauern, ihre Baumbestände aktiv zu pflegen. Damit gefährdet sie nicht nur viele der 320.000 Arbeitsplätze, die mit der Wertschöpfungskette Forst und Holz zusammenhängen, sondern auch die Wertschöpfung des gesamten Sektors in Höhe von unglaublichen 27,7 Milliarden Euro. Die vermeintlichen Flexibilitäten, die in der Verordnung nun vorgesehen sind, reichen aus unserer Sicht keineswegs aus, um Rechtsunsicherheit und Bedenken hinsichtlich negativer Folgen auszuräumen – nicht nur für die Land- und Forstwirtschaft. Kein Wunder also, dass auch zahlreiche andere Mitgliedstaaten grobe Bedenken an der Verordnung geäußert haben“, so Moosbrugger. Die Nachhaltigkeit der Forstwirtschaft ist durch nationales Recht wie das Forstgesetz und die Naturschutzgesetze abgesichert. Die Österreichische Waldinventur bestätigt, dass sowohl Waldfläche als auch Holzvorrat steigen und sich die Waldbiodiversität laufend verbessert. „Wir brauchen keine zusätzlichen Hindernisse und Regelungen aus Brüssel, die mehr schaden als nützen, sondern vielmehr eine Durchforstung der EU-Bürokratie“, hebt Moosbrugger im Hinblick auf EU-Entwaldungsverordnung und Renaturierungsgesetz hervor. „Trotz intensivster Nachfragen und Appelle herrscht aber von Seiten der EU-Kommission de facto ‚Schweigen im Walde‘, wie die EU-Entwaldungsverordnung praktisch umgesetzt werden kann“, erklärt der Präsident.
Überarbeitung gefordert
Klimafitte Wälder
Landeshauptmann Markus Wallner und Forstlandesrat Christian Gantner betonten im Vorarlberger Landesforstgarten anlässlich der Woche des Waldes ebenfalls die Bedeutung von klimafitten Wäldern: „Es braucht in dieser Situation innovative Ansätze, um Schadereignissen vorzubeugen bzw. sie zu bewältigen und die Chance zur Neuanlage von klimaangepassten Wäldern zu ergreifen, damit die vielfältigen für unser Leben so wichtigen Funktionen des Waldes langfristig erhalten bleiben können“, so der gemeinsame Tenor. Wallner bekräftigte die eigenständige Handlungsfähigkeit des Landes: „Wir tun in der Waldpflege und ebenso in der Wasserwirtschaft viel für den Klimaschutz. Da brauchen wir keine zusätzlichen Regulierungen und Vorschriften von außen.“ Die Vorarlberger Waldstrategie 2030+ bietet einen geeigneten strategischen Rahmen. „Unser Weg heißt ‚Schützen durch Nützen‘ und diesen gehen wir weiter“, betonte Gantner. Damit die naturnahe Waldbewirtschaftung auch weiterhin möglich bleibt, werden mit Vorarlberger Beteiligung verschiedene Forschungsprojekte zur Unterstützung der Schutzwaldpflege und zur Erhöhung der Resilienz der Wälder betrieben. „Unser Landesforstgarten ist zugleich Kinderstube und Zukunftslabor für einen klimafitten Wald“, sagte Gantner. So befindet sich im Landesforstgarten Rankweil eine von zwei in Österreich angelegten Saatgutplantagen, um Samen für resistente Eschen zu gewinnen und dieser für Vorarlberg so wichtigen Baumart eine Zukunft in den heimischen Wäldern zu geben. Vorarlberg beteiligt sich auch am Projekt Phenips zum Monitoring des Auftretens von Borkenkäfern.
Hochwasserschutz
„Ohne unsere großen und bestens gepflegten Waldgebiete hätten die massiven Niederschläge der letzten Tage und Wochen noch weit mehr Schäden angerichtet, als wir schon haben. Denn durch die Reduzierung der Wasserabflussspitzen können große Schäden, gerade auch in der Landwirtschaft, wenn nicht immer vermieden, zumindest verringert werden“, so der Präsident. Sehr ungünstige Prognosen kommen von Klimaforschern. Mit der Klimaänderung sollen diese Extremereignisse in Zukunft häufiger auftreten. „Der Wald ist ein effizienter Helfer gegen Hochwasserereignisse. Besonders bedeutend ist der Schutz vor Erosionen und Vermurungen. Es gibt Grenzen beim Schutz vor Hochwasserereignissen, aber in der Abschwächung der Ereignisstärke und in der relativ gefahrlosen Ableitung von Starkniederschlägen liegt die positive Wirkung eines Waldes“, so Josef Moosbrugger.
Wald-Wirkungen:
- Verdunstung in der Krone
- Wasserverbrauch des gesamten Baumbestandes und
- Speicherung im Waldboden (wie ein großer Schwamm, Durchwurzelung mit unterschiedlichen Baumarten, inklusive Festigung). Nimmt man die Verdunstung und Wasserverbrauchsprozesse zusammen, werden über 50 Prozent der jährlichen Regen-, Schnee- und Nebelniederschlagsmenge direkt wieder an die Atmosphäre zurückgegeben. Der Rest des Wassers versickert im Boden und speist Quellen und Grundwasser. Der oberirdische Abfluss bleibt dadurch gering und es gibt keine Spitzen, der Abfluss verteilt sich zeitlich und es kommt zu keinen bzw. wenigen Vermurungen.
Schwammwirkung
„Durch die intensive Durchwurzelung des Waldbodens wird dieser grobporenreich. Der hohe Anteil von Grobporen erleichtert das Versickern von Regenwasser. Eine zusätzlich gut ausgebildete Humusauflage bietet eine hohe Speicherkapazität und dient als Wasserreservoir. Ein intakter Waldboden mit standortangepassten Baumarten bewirkt dank seiner Schwammwirkung, dass das Regenwasser zeitverzögert versickert und nicht oberflächlich abfließt. Damit werden Hochwasserspitzen abgemildert. Naturnah gemischte und stufige Bestände mit reichlich Tiefwurzlern wirken sich sehr positiv auf das Wasserrückhaltevermögen aus“, erklärt LK-Forstexperte DI Thomas Ölz. „Waldbewirtschaftung stellt eine hervorzuhebende Hochwasservorbeugemaßnahme dar. Dazu kommt die Trinkwasserreinigung und bei Trockenphasen, der kontinuierlichen Wasserschüttung große Bedeutung zu“, so der Präsident.