Hitzestress bei Milchkühen
Bereits ab ca. 24 Grad Celsius und über 65 Prozent Luftfeuchtigkeit beginnt bei hochleistenden Milchkühen der Hitzestress. Je größer die Milchleistung ist, desto mehr Körperwärme wird produziert und muss unbedingt abgeführt werden. Gelingt es den Tieren nicht die Wärme loszuwerden, führt dies zu einer Verschlechterung der Milchleistung und Tiergesundheit. Die Tiere geraten in Stress. Schwüle Sommertage stellen hier eine große Belastung für die Milchkühe dar. Wärme entsteht vor allem bei der Verdauung und den Stoffwechselvorgängen in der Kuh, daher sind Tiere mit einem großen Futterumsatz (im ersten Laktationsdrittel) vom Hitzestress am meisten betroffen. Diese Tiere versuchen einerseits die Wärmeabgabe zu verbessern und andererseits die Produktion von Wärme zu reduzieren. Um mehr Wärme abgeben zu können, suchen die Tiere nach Möglichkeit Plätze im Stall oder auf der Weide auf, wo die Luftzirkulation höher ist. Dies erkennt man, wenn sich die Tiere bevorzugt im Bereich von offenen Türen oder Fenstern aufhalten. Auf der Weide suchen die gestressten Tiere meist schattige und windige Standorte auf. Die Produktion von Wärme wird durch eine Reduktion der Futteraufnahme ausgeglichen.
Wärme regulieren
Welche Möglichkeiten hat die Kuh, Wärme zu regulieren?
- Abstrahlung an die Umgebungsluft: Die Abgabe der Wärme erfolgt über die Abstrahlung an die Umgebungsluft. Diese Möglichkeit funktioniert bei tieferen Temperaturen naturgemäß am besten. Bei kühler, trockener Umgebungsluft hat die Kuh die beste Möglichkeit, viel Wärme über die Hautoberfläche abzugeben. Je höher die Temperatur ist, desto weniger ist sie in der Lage, Wärme an die Umgebungsluft abzusondern.
- Wasserverdunstung: Bei höheren Umgebungstemperaturen gewinnt die Wärmeabgabe über die Wasserverdunstung zunehmend an Bedeutung. Die Kühe können die Wärmeenergie über das Schwitzen (Körperoberfläche) oder über die Atemluft (verstärktes Atmen/Hecheln) abgeben. Die Wärmeabgabe über die Verdunstung funktioniert bei tiefer Luftfeuchtigkeit am besten. Heiße und schwüle Sommertage stellen daher das größte Problem dar. Tiere, die stark atmen („pumpen“), haben weniger Zeit für das Wiederkäuen. Dadurch verringert sich die Speichelproduktion, welche zu einem Absinken des pH-Wertes im Pansen führt. Acidosen können die Folge sein. Durch das Schwitzen erhöht sich der Wasserbedarf bedeutend.
- Einschränkung des Futterverzehrs: Eine weitere körpereigene Möglichkeit zur Regulation des Wärmehaushaltes ist die Senkung der Futteraufnahme. Bei der Verdauung und beim Stoffwechsel der Kuh entsteht Wärme, welche abgeführt werden muss. Die verminderte Futteraufnahme zieht dadurch eine Reduktion der Milchleistung mit sich. Meistens geben die Kühe trotz der geringeren Futteraufnahme im Verhältnis zu viel Milch. Aus diesem Grund entstehen in Folge von Hitzestress Stoffwechselkrankheiten, wie z. B. die Ketose, welche sich negativ auf die Tiergesundheit, Leistung und die Fruchtbarkeit auswirkt. Wenn die Tiere vor allem das Grundfutter reduzieren, kann es im ersten Laktationsdrittel zu einem Auftreten der Pansenacidose (ungünstiges Grundfutter/Kraftfutter Verhältnis) kommen, was z. B. zu Klauenproblemen (Rehen) führen kann.
Tabelle 1: Wärme- und Wasserdampfabgabe einer Hochleistungskuh im ersten Laktationsdrittel
Stalltemperatur (°C) | Wärmeabgabe (Abstrahlung) in Watt | Wasserdampfproduktion in g/h |
5 | 1546 | 600 |
10 | 1380 | 605 |
20 | 1120 | 885 |
25 | 895 | 1200 |
30 | 540 | 1640 |
35 | 60 | 2100 |
Erkennungssymptome
- Verstärkte Atmung, Hecheln („Pumpen“)
- Deutlich erhöhter Herzschlag
- Kampf um die attraktivsten Plätze im Stall oder auf den Weiden (im Schatten oder nahe den Stallöffnungen), Tiere suchen Plätze mit erhöhter Luftzirkulation auf
- Schweißnasses Fell (allerdings ist dies nur bei hoher Luftfeuchtigkeit erkennbar)
- Erhöhte Wasseraufnahme
- Sinkende Futteraufnahme
- Sinkende Milchleistung und Milchinhaltsstoffe
- Sprunghafter Anstieg der Zellzahl
- Körpertemperatur 39° bis 40° Celsius
Die Verbesserung des Klimas durch Beschattung und das Abkühlen mit Ventilatoren und Sprinkleranlagen ist eine äußerst wirkungsvolle Möglichkeit zur Erhöhung der Trockenmasseaufnahme bei heißem Wetter, was insbesondere bei Hochleistungstieren zu berücksichtigen ist.
Hitzestress vermeiden
- Verbesserung des Stallklimas, um die Kühe zur maximalen Futteraufnahme zu animieren.
- Für bessere Durchlüftung sorgen – sämtliche Fenster und Tore öffnen. Möglichst hohe Luftraten sind durch große Öffnungen erreichbar. Reicht die natürliche Luftbewegung nicht aus, kann mit Ventilatoren nachgeholfen werden. Für die Kuh stellen Luftgeschwindigkeiten von bis zu fünf Meter pro Sekunde kein Problem dar. Der Luftaustausch kann mittels Rauchkerzentest überprüft werden, dabei sollte der Rauch binnen einer Minute aus dem Stall verzogen sein.
- Einsatz von Sprinkleranlagen – dabei entsteht bei der Verdunstung des Wassers ein Kühleffekt (Verdunstungskälte). Sprenkelanlagen sollten möglichst entlang der Futterachse installiert werden. Es ist darauf zu achten, dass die Tiere bis auf die Haut nass werden. Beregnungsintervall: pro 15 Minuten ca. fünf Minuten beregnen. Die Unterbrechung ist notwendig, damit das Wasser auch wieder verdunsten kann und damit der erwünschte Kühleffekt über die Verdunstungskälte genutzt werden kann.
- Erhöhung der Energiedichte und der anderen Nährstoffe, um die verringerte TM-Aufnahme zu kompensieren.
- Nur bestes Grundfutter einsetzen.
- Nicht zu viel leichtlösliche Kohlenhydrate im Kraftfutter einsetzen – durch die sinkende Futteraufnahme kommt es bei der Komponentenfütterung zu einem ungünstigen Grundfutter-Kraftfutter-Verhältnis – damit ist Acidosegefahr gegeben.
- Einsatz von Puffersubstanzen, z. B. Natriumbicarbonat.
- Einsatz von pflanzlichen Fetten (z. B. Palmkernöl, etc.), max. fünf bis sieben Prozent in der Ration – beim Fettabbau wird weniger Wärme produziert, gleichzeitig wird die Energiedichte im Futter konzentriert.
- Einsatz von Eiweißfuttermitteln mit einem hohen Anteil an pansenstabilem Protein (UDP) – um die panseninternen mikrobiellen Abbauprozesse, welche wieder Wärme produzieren, zu umgehen.
- Freier Zugang zu qualitativ einwandfreiem Wasser (Wasserfluss >15 Liter pro Minute).
- Zusätzliche Wasserbeigabe in die TMR und Silage.
- Mineralfuttergaben und Viehsalzgabe um 20 bis 25 Prozent erhöhen (Mineralstoffverlust durch Wasserdampfabgabe („schwitzen“).
- Für Beschattungsmöglichkeiten der Tiere sorgen – im Schatten ist die Temperatur der Körperoberfläche je nach Farbe des Felles um mindestens 5° Celsius geringer.
- Fütterung in die kühleren Morgen- und Abendstunden verlegen – die Futtervorlage während der kühleren Tageszeit führt zu einer höheren TM-Aufnahme.
Tabelle 2: Einfluss der Temperatur auf TM-Aufnahme, Milchmenge und Wasserbedarf
Temperatur (°C) | TM (kg) | Milch (kg) | Wasser (L) |
20 | 18,2 | 27 | 76 |
25 | 17,7 | 25 | 95 |
30 | 16,9 | 23 | 114 |
35 | 16,7 | 18 | 133 |
40 | 10,2 | 12 | 152 |
Fazit
Je höher die Milchleistung, desto mehr Wärme produziert die Kuh. Daher sind hochlaktierende Kühe am meisten vom Hitzeeinfluss betroffen. In der Praxis können Leistungseinbußen bis zu 20 Prozent festgestellt werden. Langanhaltender Hitzestress führt neben Milchverlust auch zu Fruchtbarkeitsproblemen und zu einer Schwächung des Immunsystems. Dies führt zu einer verstärkten Anfälligkeit für Krankheiten. Für Milchkühe gilt der Grundsatz: Je kühler, desto besser. Den Hitzestress möglichst klein zu halten, muss das Ziel sein. Heiße Sommertage werden mit viel Trink– und Beregnungswasser, Luftzug und Schatten besser vertragen.