Wozu Landwirtschaftliche Haushaltungsschulen?

„Während man im größten Teile der bäuerlichen Kreise schon lange zur Überzeugung gelangt ist, dass … sich der junge Landwirt in einer Fachschule die zum Betreiben seines Berufes unbedingt notwendigen Kenntnisse aneignen muss, ist man bezüglich der künftigen Bäuerinnen auf dem Standpunkte stehen geblieben, daß dieselben ihre ganze Erziehung im Elternhause genießen sollen, um ja vor fremden Einflüssen verschont zu bleiben. Diese Anschauung birgt die Gefahr in sich, dass die künftigen Frauen an den althergebrachten Fehlern der Wirtschaft festhalten und mit der ihnen eigentümlichen Kraft jeglichen Fortschritt verhindern.
Beim Bauer ist die Frau nicht jene Standesdame, welche nur dazu da ist, mit schönen Kleidern und fröhlichem Gesichte die Gäste zu empfangen. … Sie ist vielmehr die „Seele“ der Wirtschaft, der gute Geist innerhalb und außerhalb des Hauses.
Die Bauersfrau hat nicht nur ihren Haushalt zu führen. Gewisse Teile des landwirtschaftlichen Betriebes sind einzig und allein den Frauen vorbehalten, so zumeist die Hühnerzucht, Schweinezucht, und in kleinen Betrieben Fütterung, Melkgeschäft wie die Milchwirtschaft überhaupt.
Es ist eine große Kunst, mit dem Wenigen, das in der bäuerlichen Wirtschaft vorhanden ist, etwas Ordentliches auf den Tisch zu bringen. Viele können es – viele aber nicht! Und was für die Küche gilt, das gilt ebenso für die Kinderstube, für den Nähtisch und das Krankenbett, für Waschküche, Keller und Garten! …Alle Hausfrauenarbeit kann in einer Haushaltungsschule gründlich und praktisch erlernt werden. … Hinzu kommt noch die Buchführung, die ja gegenwärtig beinahe noch in allen unseren bäuerlichen Betrieben fehlt.
Möge in unserem Lande recht bald eine Haushaltungsschule entstehen zum Wohle und Segen unserer bäuerlichen Bevölkerung!“ (Mitteilungen der Vorarlberger Bauernkammer 23/1928)
Bäuerin heute
Übrigens der Hilferuf nach einer Landwirtschaftlichen Haushaltungsschule wurde sieben Jahre später erhört. Im Oktober 1935 nahm die „Bauerntöchterschule“ in Gauenstein/Schruns mit 24 Schülerinnen ihren Betrieb auf. Bis zur Gründung der Bäuerinnenorganisation dagegen, verging ein halbes Jahrhundert.
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