Unermüdliches Engagement
Zu diesem besonderen Jubiläum gratuliert auch „Unser Ländle“ herzlich und hat folgendes Gespräch mit ihm geführt.
Josef, mit welchen Vorsätzen und Erwartungen bist du damals angetreten?
Als Landjugendfunktionär und dann vor allem als Stadtrat in Dornbirn habe ich erlebt, dass viel zwar schnell kritisiert wird, dann aber konstruktive Beiträge fehlen. Mein Anspruch und Ansporn war und ist es, Verantwortung zu übernehmen und als praktizierender Bauer Zukunftsthemen für unsere Bauernfamilien aktiv mitzugestalten. Wenn man etwas verändern und mitgestalten möchte, geht das am besten über das persönliche Engagement, und da gibt es verschiedenste Möglichkeiten.
Zum Beispiel?
Wir sehen das beim Ehrenamt, wo auf allen Ebenen Bäuerinnen und Bauern bereit sind, für den Bauernstand Verantwortung zu übernehmen. Wenn wir nicht selbst unsere Interessen vertreten und das anderen überlassen, werden wir mit Wünschen und realitätsfremden Inhalten konfrontiert, die für uns nicht erfüllbar sind. Der Beitrag, den die bäuerliche Berufsgruppe für eine Dorfgemeinschaft in vielen sozialen und kulturellen Bereichen einbringt, ist unverzichtbar. Das gilt auch als Mitglied in Gremien der Gemeinde über den Landtag bis zum Nationalrat, die EU oder eben auch als LK-Präsident.
Der regelmäßige Austausch mit den Mitgliedern scheint dir besonders wichtig, weshalb du, trotz vieler Abendtermine, gleich die Veranstaltungsreihe „Die Kammer kommt in die Region“ eingeführt hast.
Es war mir wichtig, dass die Kammer für die Mitglieder spürbar und sichtbar wird. An dieser Stelle auch einen großen Dank an die gesamte Mannschaft der Kammer, die das aktiv mitträgt. In der Akzeptanz, im Vertrauen und in unserer Kompetenz ist der direkte Kontakt ein ganz entscheidendes Element und das stärkt die Verbindung zwischen der Kammer und den Mitgliedern. Wir sind der verlängerte Arm der Bäuerinnen und Bauern, letztendlich müssen wir dort, wo es Herausforderungen gibt, wo der Schuh drückt, Antworten finden. Das geht nur, wenn trotz aller Kommunikationskanäle, die es heute gibt, auch der direkte Austausch stattfindet.
Wie hat sich die Landwirtschaftskammer in den 25 Jahren verändert?
Die Zeit verändert sich auch für die Kammer, will sie den berechtigten Ansprüchen der Mitglieder gerecht werden. Die Interessenvertretung macht ja nur einen Teil der Kammerarbeit aus, wird aber zunehmend wichtiger. Dazu wurde das Serviceangebot im Laufe der Jahre angepasst und an die Bedürfnisse der Betriebe enorm ausgebaut. Das gilt für Bereiche wie Bildung und Beratung oder Förderabwicklung. Aber auch neue zusätzliche Angebote wie beispielsweise die Energieberatung, Hofberatung, Green Care, Waldservice, Ausbau der „Ländle Analytik“, die Schaffung der Ländle Marke mit dem Ländle Marketing, Öffentlichkeitsarbeit, Social Media und Webportal und vieles mehr wurden geschaffen, um die Mitglieder zu unterstützen. Auch die Kammerzeitschrift „Unser Ländle“ als wöchentlicher Informationskanal für alle hat sich enorm verändert und die bundesweite Zusammenarbeit in vielen Bereichen vertieft.
Wo liegen für dich die größten interessenpolitischen Herausforderungen und Weichenstellungen auf EU- und Bundesebene?
Für mich gab und gibt es drei besondere Schwerpunkte. Das eine sind die Leistungsabgeltungen als Gradmesser für die Wertschätzung der Landwirtschaft durch die Gesellschaft, die Forderung nach fairen Lebensmittelpreisen für die hochwertigen Produkte und der Kampf gegen die ausufernde Bürokratie.
Die Leistungsabgeltung ist ein extrem detailliertes System, das es in Europa wohl kein zweites Mal gibt. Dennoch ist es uns gelungen, das System weiterzuentwickeln und damit auch mehr Geld zu den Betrieben zu bringen. Bei den Erzeugerpreisen müssen „Gute Preise für gute Lebensmittel“ gelten. Die Bauernfamilien sind Partner und Stützen der Gesellschaft, ohne die es nicht geht. Dazu gehört auch der Bodenschutz für die Landwirtschaft. Sie bedeutet Lebensmittelsicherheit und aktiven Klimaschutz. Die Bekämpfung der ausufernden Bürokratie auf allen Ebenen ist mir ein besonderes Anliegen. Da braucht es mehr Hausverstand aus der Praxis.
Und speziell in Vorarlberg?
Auch im Land sind die Herausforderungen vielfältig, ich nenne nur ein paar, die uns in den letzten Jahren stark beschäftigen: Schlachthof, TBC, Großraubtiere und die Sicherung der landwirtschaftlichen Flächen. Da ist eine klare und unmissverständliche bäuerliche Haltung wichtig. Geändert hat sich aus meiner Sicht, dass die Gesellschaft, noch viel intensiver als in der Anfangszeit, die Landwirtschaft kritisch in ihrem Tun betrachtet und ständig neue Wünsche hat, was die Bauern alles tun sollten und zum Schluss soll es dann billig sein. Da braucht es eine Bewusstseinsbildung, das geht sich so nicht aus.
Neben deinen Aufgaben in Vorarlberg bist du seit sechs Jahren auch Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich. Was ist hier dein Ansporn?
Viele Themen der Interessenvertretung werden nicht im Land, sondern in Wien und Brüssel entschieden. Dass ich diese Chance innerhalb der neun Präsidenten bekommen habe, dass überhaupt ein Vorarlberger die Akzeptanz hat und ihm zugetraut wird, dass er diese Aufgabe übernimmt, war und ist etwas Besonderes. Im Gestalten bestehen in dieser Funktion nochmal unvergleichlich mehr Möglichkeiten. Für viele Entscheidungen auf Bundesebene sind das Zusammenwirken zwischen LK Österreich, Bundesministerium und Bundesregierung wichtig. Genau dort werden nämlich viele grundlegende Entscheidungen getroffen.
Ein Blick in die Zukunft. Wo siehst du weitere Herausforderungen für die Land- und Forstwirtschaft?
Die Klimaveränderung, der Klimawandel ist eine große Herausforderung, bietet aber auch Chancen. Wer sonst kann so nachhaltig CO2 speichern, außer die Land- und Forstwirtschaft? Der Forstbereich bindet CO2 im Holz, der Boden im Humus, es wird daran gearbeitet, diesen Leistungen mittels Klimazertifikaten auch einen Marktwert zu geben. Auch bei Lebensmitteln wird es in den nächsten Jahren zur Klimabilanz kommen. Da müssen wir uns sicher nicht verstecken, da haben wir die besten Voraussetzungen. Die Weltbevölkerung nimmt zu, die Lebensmittelproduktion geht zurück und ich bin überzeugt, dass der Wert der Lebensmittel sich noch in eine völlig andere Richtung entwickeln wird. Bei Nachhaltigkeit, Naturschutz, Tierwohl zählen wir zu den Besten in Europa. Auch das Dienstleistungsangebot der Land- und Forstwirtschaft ist immer gefragter. Es warten also viele Chancen.
Du als aktiver Milchbauer und Viehzüchter; was braucht die Landwirtschaft?
Zuallererst Raum und Boden für die Bewirtschaftung, das ist die wichtigste Grundlage. Bäuerinnen und Bauern benötigen gesellschaftliche Akzeptanz und Wertschätzung und eine wirtschaftliche Basis durch Wertschöpfung für ihre Produkte. Das sind die Voraussetzungen, dass junge, gut ausgebildete Landwirtinnen und Landwirte Höfe übernehmen und weiterführen möchten. Sie sind unsere Zukunft.
Auch wenn die bäuerliche Arbeit viele schöne Seiten hat, es braucht dazu immer auch die wirtschaftliche Basis, damit Betriebe unternehmerisch geführt und entwickelt werden können.
Wie bringst du eigentlich all die Aufgaben unter einen Hut?
Meine Frau und Kinder unterstützen mich voll, tragen vieles mit und müssen auf manches verzichten, damit das überhaupt machbar ist. Das ist nur mit starkem Zusammenhalt möglich, und dafür bin ich sehr dankbar. Dazu natürlich die verlässliche Unterstützung in der Kammer und durch die Funktionär/-innen.
Wie schaut Erholung bei dir aus?
Abschalten kann ich gut bei der Arbeit auf meinem Hof. Die Kühe melken oder mit dem Traktor die Felder bewirtschaften erdet mich. Ohne diese Verbindung ist für mich die Funktion als bäuerlicher Interessenvertreter nicht denkbar, weil ich dadurch auch all die Themen wie Kontrollen, Bürokratie kenne. Was mir aber ganz besonders wichtig ist: All diese Aufgaben können nur mit einem guten Team erfüllt werden. Deshalb danke ich den bäuerlichen Familien und den politischen Verantwortungsträgern für die Akzeptanz über diese vielen Jahre, den Funktionärinnen und Funktionären der Kammer, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Haus für die tolle Arbeit und die perfekte Unterstützung.
Danke für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg und Erfüllung bei deinen Aufgaben.