Praxisrelevanz statt Chaos
Das kündigte sie letzte Woche bei der Plenartagung des EU-Parlaments an. In den kommenden Monaten soll der Fokus darauf ausgerichtet werden, im gemeinsamen Dialog langfristige Perspektiven für die Branche zu finden. Scheint als habe sich die EU-Kommissionspräsidentin dem fachlichen Druck, der sich in den letzten Wochen und Monaten, auch von Seiten der Landwirtschaftskammer Österreich aufgebaut hat, gebeugt. „Die Kommission schlug SUR vor, die Risiken chemischer Pflanzenschutzmittel zu verringern. Nach der Ablehnung im EU-Parlament und mangels Fortschritten im Rat ist es nun Zeit zu handeln“, erklärte Von der Leyen. „Das Thema würde auf der Tagesordnung bleiben, aber um voranzukommen, ist mehr Dialog und ein anderer Ansatz erforderlich“, fügte Von der Leyen hinzu. Auf dieser Grundlage könnte die Kommission einen neuen Vorschlag mit viel ausgereifteren Inhalten und mit den Interessenträger/-innen zusammen unterbreiten. LKÖ-Präsident Josef Moosbrugger betont zur Ankündigung der EU-Kommissionspräsidentin den Verordnungsvorschlag zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) zurückzuziehen: „Es ist höchst an der Zeit, dass die EU-Kommission die Kritik von bäuerlicher Praxis, der Interessenvertretung und auch der Wissenschaft ernst nimmt und ihre Fehler ausbessert. Der SUR-Vorschlag war widersinnig, impraktikabel und chaotisch konzipiert und hätte die ohnehin nachhaltige landwirtschaftliche Produktion weitgehend verunmöglicht. Stattdessen hätte er lediglich CO2-intensive Importe von Lebensmitteln verstärkt, deren Produktionsweise bei uns verboten wäre. Da wäre keinem geholfen gewesen, auch nicht der Umwelt, dem Klima und der Lebensvielfalt – ganz im Gegenteil!“ Und weiter: „Auch angesichts der dramatischen Bauernproteste in großen Teilen Europas sollten die EU-Gremien endlich erkennen, dass sie die Betroffenen immer miteinbinden müssen. Produktionsstandards, die für unsere Bäuerinnen und Bauern gelten, müssen von allen eingehalten werden – auch von Handelspartnern. In politisch unsicheren Zeiten muss auch das Thema Versorgungssicherheit wieder mehr Bedeutung gewinnen. Es braucht eine neue ökosoziale Marktwirtschaft. Der nachhaltige Zukunftsweg liegt nicht in Einseitigkeit, sondern in einer Ausgeglichenheit von Umwelt und Klima, Produktivität und Wirtschaftlichkeit und den Bedürfnissen der Menschen selbst. Unsere Bäuerinnen und Bauern stehen für sinnvolle Weiterentwicklungen, brauchen aber auch Praktikabilität und Verlässlichkeit sowie ein Einkommen und Auskommen“, unterstreicht der LKÖ-Präsident.
Vertrauen schenken
„Den europäischen Landwirt/-innen ist bewusst, dass sie auf ein nachhaltigeres Produktionsmodell umsteigen müssen, damit ihre Betriebe in den kommenden Jahren rentabel bleiben. Nur wenn unsere Bauern von ihrem Land leben können, werden sie in die Zukunft investieren. Nur wenn wir unsere Klima- und Umweltziele gemeinsam erreichen, werden die Landwirte weiterhin ihren Lebensunterhalt verdienen können. Unsere Landwirte sind sich dessen bewusst. Und wir sollten ihnen mehr Vertrauen schenken“, betonte die EU-Kommissionpräsidentin. Der Bericht des Strategischen Dialogs über die Zukunft der Landwirtschaft in der EU soll bis zum Spätsommer vorgelegt werden, und er wird enorm wichtig sein. Die Ergebnisse und Empfehlungen dieses Dialogs werden im Parlament und mit den Mitgliedstaaten erörtert und bilden die Grundlage unserer künftigen Agrarpolitik.