Unruhige Gewässer für Ländle-Berufsfischer
„Die Vorarlberger Fischer sind zwar nur ein kleiner Fachverband der Landwirtschaftskammer, aber ein sehr engagierter und unverzichtbarer Baustein in der Vielfalt landwirtschaftlicher Berufe. Der Bodenseefisch aus Wildfang repräsentiert die Vielfalt der regionalen Küche und bereichert die Lebensmittelvielfalt aus dem Ländle. Leider stehen auch die Berufsfischer immer wieder vor neuen, beruflichen Herausforderungen. Im Gegensatz zu anderen landwirtschaftlichen Branchen haben sie weder mit dem Absatz noch mit den Preisen zu kämpfen, sondern mit der Verfügbarkeit von Fischen“, so LK-Präsident Josef Moosbrugger im Rahmen eines Pressegespräches in Hard. Unter dem Titel. „Unruhige Gewässer für Vorarlbergs Berufsfischer“, informierten auch der Obmann der Berufsfischer Albert Bösch und sein Stellvertreter Franz Blum über ihre kritische Situation. Die Bodenseefischerei ist ein Paradebeispiel für nachhaltige und naturverbundene Fischerei. Die Fischer am Bodensee tragen auf verschiedene Weise zur Artenvielfalt bei: Fischer verwenden traditionelle Fangmethoden und achten darauf, nur bestimmte Fischarten in begrenzten Mengen zu fangen. Dies hilft, die Bestände zu erhalten und Überfischung zu vermeiden. Es gibt festgelegte Schonzeiten und Schutzgebiete die sicherstellen, dass bestimmte Fischarten während ihrer Laichzeit nicht gestört werden. Um die Zukunft des Felchens zu sichern, unterstützen die Berufsfischer die ganzjährige Felchen-Schonung und setzen gemeinsam mit dem Landesfischereizentrum Maßnahmen zur Nachzucht und Wiedereinsetzung von Jungfelchen.
Zu viele Fischfeinde
„Eines der Hauptprobleme für die Fischbestände im See stellt das Überhandnehmen von Fischfeinden, die in den letzten Jahren massiv zugenommen haben, dar. Störfaktoren wie das massenhafte Auftreten der invasiven Stichlinge, die sowohl Plankton als auch Eier und Larven der Felchen fressen, der Kormoran und die Quaggamuschel dezimieren und reduzieren den Fischbestand und das Nahrungsangebot im See. Auch die Nährstoffsituation ist für die Fischpopulation nicht förderlich. Immer weniger Nährstoffe landen aus Zuläufen im See, sei es durch Wasserreinigungsanlagen, Biofilter oder auch die Quaggamuschel, die Nährstoffe entzieht“, erklärt Franz Blum. „Von Seiten der Landwirtschaftskammer und des Landes wurden in Zusammenarbeit mit den Fischern schon Maßnahmen gesetzt, die aber weiter ausgebaut gehören. Dazu gehört der regelmäßige Austausch, die intensive Einbindung der Landesfischzucht in Hard, oder das in Vorarlberg betriebene Kormoran-Management, das weiter intensiviert, aber vor allem auch auf die Schweiz und Deutschland ausgeweitet werden muss. Da müssen sich die anderen Bodenseeanrainerstaaten bewegen“, erklärt Bösch.
Schuss ins eigene Knie
„Am Beispiel Bodensee wird deutlich, welche Fehlentwicklung stattfindet, wenn sich der Naturschutz selbst im Weg steht. Im See gibt es mittlerweile eine Felchen-Schonung, weil der Fischbestand massiv zurückgegangen ist. Das ist ein Beispiel, wie Extrempositionen ohne Ausgleich zu Fehlentwicklungen führen. Wir haben den höchsten Schutz für die stark steigende Kormoranpopulation (über 700 Tiere in Vorarlberg und fast 8.000 am ganzen See), die den See leer frisst und mehr Fische entnimmt wie Berufsfischer und Hobbyfischer zusammen. Dagegen anzukommen ist für die Berufsfischer ein mühsamer und hürdenreicher Kampf gegen ideologische Windmühlen“, ärgert sich Moosbrugger. In der Theorie tut sich einiges. „Es wird von den Bodenseeanrainerstaaten viel Geld in Projekte wie „SeeWandel“ und „SeeWandel-Klima“ gesteckt, dass in der Theorie nützliche Erkenntnisse bringt. Aus diesen Erkenntnissen müssen rasch Schlüsse gezogen und Maßnahmen abgeleitet werden, die dann im Sinne der Bodenseefischerei umgesetzt gehören. Aus der Theorie muss Praxis folgen. Faktum ist: Die Berufsfischerei am Bodensee kann kaum noch wirtschaftlich im Haupterwerb betrieben werden, und deshalb gilt es, die Fischer soweit und so rasch wie möglich zu unterstützten, damit die Berufsfischerei am Bodensee eine Zukunft hat. Den Berufsfischern danke ich für ihre tägliche Arbeit am See und für den See, ihre Offenheit und ihr konstruktives Engagement, um für eine Zukunft der Vorarlberger Berufsfischerei zu arbeiten“, so der Präsident. „Mit 19 Tonnen Gesamtfang 2023 wurde das dritte Jahr in Folge das schlechteste Fangergebnis seit Beginn der Aufzeichnungen erzielt. Dieses Ergebnis lag 46 Prozent unter dem Zehnjahresmittel. Man kann mit Recht behaupten, dass sich die Berufsfischerei in einer existenzbedrohenden Situation befindet. So hat sich die Zahl der Vollpatente in den letzten zehn Jahren in Vorarlberg von 15 auf sieben reduziert. Die wenigen noch verbleibenden Berufsfischerfamilien kämpfen um den Erhalt der durch ihre Vorgängergeneration aufgebauten Familienbetriebe“, zieht Bösch eine traurige Bilanz und weiter: „Bei einigen Betrieben fehlt es an Nachfolgern, was dazu führt, dass die Anzahl in den nächsten Jahren weiter sinken wird. Doch es gibt noch junge Menschen, die diesen traditionellen Beruf und den Familienbetrieb gerne übernehmen und weiterführen wollen. Umso wichtiger ist es, so schnell wie möglich den bekannten Ursachen entgegenzusteuern und so nicht nur den derzeit aktiven Berufsfischern, sondern auch für die nächsten Generationen eine Zukunft als Berufsfischer zu ermöglichen!“
Maßnahmen
„Die seit Jahresbeginn geltende ganzjährige Schonung des Felchens sehen wir als eine Maßnahme in einem ganzen Maßnahmenbündel. Wie wichtig unter anderem das Thema Nährstoffe für den Felchen ist, hat das heurige Jahr durch das Hochwasser und dem höheren Nährstoffeintrag sehr gut aufgezeigt. Laut Auskunft der Ausführenden wurde bei den Versuchsfängen auf Felchen festgestellt, dass diese im Vergleich der letzten Jahre deutlich mehr Nahrung aufgenommen haben. Eine weitere wichtige Maßnahme in Bezug auf den Felchen ist die Unterstützung der Rekrutierung. Hier wurde unter anderem die Besatzstrategie angepasst. Hier würden wir uns wünschen, dass möglichst alles unternommen wird, so viele Felcheneier wie möglich zu gewinnen und um eine hohe Besatzquote an Felchenlarven zu erreichen.
Hoffnung lebt
Die Hoffnung lebt
Neben diesen Themen ist auch die Reduktion des Fraßdruckes durch den Kormoran eine wichtige Maßnahme. Der Fraßdruck auf den ganzen Bodensee beläuft sich mittlerweile auf über 300.000 Kilogramm Fisch pro Jahr! Das kann der See auf Dauer nicht mehr verkraften! Aus unserer Sicht führt der Überbestand an Kormoranen zu einer Schieflage im Nahrungsnetzwerk. Gerade wie oben schon erwähnt wird durch den Fraß von jungen Barschen aus unserer Sicht die Ausbreitung des Stichlings begünstigt! Auch die Umsetzung des Stichlingsmanagement sollte mit entsprechendem Nachdruck erfolgen. „Trotz all dieser genannten Herausforderungen möchten wir an dieser Stelle betonen, dass es nach wie vor Bodenseefische bei den Fischern zu erwerben gibt. Es werden neben den bekannteren Arten auch ganze Fische und Filet vom Rotauge, Hecht, Wels, Brachse, Schleie etc. angeboten. Diese wurden bereits in früheren Jahren angeboten. Durch den Rückgang der Felchen und eine aufwendigere Veredelung haben sie an Bedeutung gewonnen“, so Blum. Das hofft auch Franz Blum junior, der gerne in vierter Generation seine Zukunft als Berufsfischer gestalten möchte. „Ich fahre gerne mit meinem Vater auf den See um zu fischen, aber die Fänge gehen zurück. Trotzdem hoffe ich, dass sich die Situation wieder bessert, um diesen Beruf in vierter Generation ausüben zu können“, so Franz.