Wenn dem Nachbarn die Gülle stinkt

Rechtlich gesehen, ist Gülleausbringung
in mehreren Gesetzen
und Verordnungen geregelt. Die
Nitrataktionsprogrammverordnung
regelt generell die Stickstoffdüngung
in der Landwirtschaft
und enthält unter anderem Verbotszeiträume
der Ausbringung,
Mindestlagerkapazitäten für Wirtschaftsdünger
oder auch Höchstmengen
für Düngestickstoff in Abhängigkeit
von Kultur und Ertrag.
Es findet sich aber kein Hinweis
bezüglich Geruchsbelästigung
durch Anrainer.
Ortsübliche Bewirtschaftung
Einen diesbezüglichen Hinweis
gibt das Allgemeine Bürgerliche
Gesetzbuch ABGB (§ 364, Abs 2):
Die vom Nachbargrundstück ausgehenden
Beeinträchtigungen,
zum Beispiel Geruch, können nur
insofern untersagt werden, als sie
das ortsübliche Ausmaß übersteigen und die ortsübliche Benutzung
des Grundstückes wesentlich
beeinträchtigen. Da die
Düngung landwirtschaftlicher
Nutzflächen einer ortsüblichen
Bewirtschaftung entspricht, ist sie
vom Nachbarn einmal hinzunehmen.
Aber der Gesetzestext sieht
auch vor, dass die Eigentümer benachbarter
Grundstücke bei der
Ausübung ihrer Rechte aufeinander
Rücksicht zu nehmen haben.
Gülle darf also keineswegs schikanös
ausgebracht werden, zum
Beispiel in einer Häufigkeit, die
nicht pflanzenbaulichen Grundlagen
entspricht, sondern allein
dazu getätigt wird, den Nachbarn
zu ärgern.
Wann ist Geruchsminderung gegeben?
Eine Geruchsminderung bei und
nach der Gülleausbringung ist
auch immer gegeben, wenn die Maßnahmen zur verlustarmen
Gülleausbringung umgesetzt werden.
Ausbringen bei kühlerer Witterung,
rasches Einarbeiten auf
unbestellten Ackerflächen, Gülleverdünnung,
bandförmiges Ausbringen
mit Schleppschlauch
oder Schleppschuh verringern
auch die Beeinträchtigung der
Nachbarschaft durch Geruch.
Etliche Betriebe sind auch von der
effektiven Wirkung bestimmter
Mikroorganismen als Güllezusatz
überzeugt, weil durch den mikrobiellen
Abbau organischer Substanz
die Güllen nicht nur dünnflüssiger
werden sondern offenbar
auch geruchsintensive Bestandteile
der Gülle abgebaut werden.
Darf das denn sein?
In den letzten Wochen wurden
die Anrufe und Anfragen zum
Thema Gülleausbringung und
Geruchsbelästigung wieder
mehr. Die meisten Anrufer
waren Anrainer begüllter
Flächen, also Betroffene sozusagen.
Die Fragen reichen von „darf
denn das überhaupt sein?“
bis zu "darf denn das am Wochenende
sein?“. Die meisten,
die telefonisch zu mir ge
langen, wollen sich lediglich
informieren. Viele zeigen nach
einem kurzen Gespräch auch
irgendwie Verständnis für das
Gülleausbringen. Nicht alle,
aber doch viele.
Auch einen gewissen Wandel,
woher die Anrufer kommen,
vermeine ich zu bemerken:
Früher waren es fast nur An
rufe aus den Ackerbaugebieten
mit Schweinehaltung. Zeitlich
gesehen gab es vor dem
Maisanbau immer die meisten
Anrufe. Schleppschlauchtechnik
und Gülleeinarbeitung
haben in diesem Bereich viele
Fortschritte gebracht. Zunehmend
erreichen mich jetzt
diese Gülleanfragen auch aus
Grünlandgebieten.