Milchmarkt in Österreich
DI Stefan Simma | Direktor
In Österreich, entgegen dem EU-Trend, stieg im Jahr 2022 die Milchanlieferung gegenüber dem Vorjahr um fast drei Prozent auf 3.499 Tonnen an. Die Erzeugermilchpreise stiegen bei gentechnikfreier Milch um 30,4 Prozent auf fast 47 Cent netto und bei Milch mit Qualitätszuschlägen (Bio-, Heu-, Bioheumilch) um 26,6 Prozent auf 56,72 Cent an. Während die Anzahl der Milcherzeuger rückgängig ist (2020 auf 2021 minus drei Prozent), ist die Zahl der Milchkühe gleichbleibend und die Milchmenge steigend. Seit 1998 stieg die Anlieferungsmenge in Österreich um fast ein Drittel. Der Anteil der Biomilch hat sich in diesem Zeitraum von rund vier Prozent auf über 18 Prozent mehr als vervierfacht. Österreich weist, das ist eine Besonderheit in Europa, einen sehr stark ausdifferenzierten Milchmarkt auf. Das reicht von gentechnikfreier Milch über Biomilch, Heumilch bis zu Bioheumilch, die in verschiedene Preisniveaus ausdifferenziert sind. Der durchschnittliche Milchpreis über alle Mengen lag in Österreich 2022 bei sehr hohen 58,14 Cent (Deutschland 59,80). Natürlich ist, wenn man diese Preisniveaus sieht, auch das hohe Kostenniveau, das sowohl die Verarbeiter als auch die bäuerlichen Milcherzeuger voll getroffen hat, mit zu bedenken. Die Kosten haben vieles davon „aufgefressen“. Mit Jänner liegt der österreichische Erzeugermilchpreis bei rund 58 Cent netto und damit auf einem Höchststand. Die langfristige Entwicklung drückt den Markt. Die an den Börsen gehandelten Werte für mittelfristige Kontrakte ergeben einen Wert von 40 Cent. Dieselbe Entwicklung sieht man derzeit auch bei den Notierungen für Butter, Käse und Milchpulver. Während in Österreich die Inflation mit 10,5 Prozent etwas höher lag, als in Deutschland mit 9,6 Prozent, stiegen die Lebensmittelpreise in Deutschland stärker als in Österreich (D: 20,5 Prozent; Ö: 16,3 Prozent). Die Milchpreise im Handel stiegen laut VPI in Deutschland um gut ein Drittel, in Österreich um knapp 24 Prozent. Besorgniserregend ist die Verschiebung im Lebensmittelmarkt hin zu den Eigenmarken. Diese wurden marketingtechnisch zusätzlich forciert und nehmen in vielen Bereichen schon den weit überwiegenden Teil des Umsatzvolumens ein. Für Markenanbieter ist diese Entwicklung schwierig und setzt sie zusätzlich unter Druck. Die Auswirkungen der Energiepreisentwicklung auf die gesamte Kostensituation war und ist stark zu spüren. Am Beispiel vom Erdgas. Auch die Milchindustrie ist stark Energieabhängig, sieht man diese extreme Entwicklung. Der Gaspreis hat sich teils verfünffacht, eine Erholung zeichnet sich seit Frühjahr ab. Ähnliches ist beim Strompreis zu erwarten, der indirekt auch an der Gaspreisentwicklung hängt. Insgesamt wies die österreichische Milchwirtschaft mit einem Exportwert von rund 1,3 Milliarden Euro bei gleichzeitig 860 Millionen Euro Importen eine positive Handelsbilanz auf, wichtigster Markt ist Deutschland.
Deutsche Tierwohldiskussion und Haltungsformen beeinflussen auch Österreich
Der deutsche Milchmarkt hat für Österreichs Milchwirtschaft eine zentrale Bedeutung. Die Diskussionen über Tierwohl und Haltungsformen beeinflussen daher die österreichischen Milchverarbeiter direkt und über den österreichischen LEH, der diese Diskussionen genau mitverfolgt, während sie auch in Österreich diskutiert werden. Es ist daher von hoher Bedeutung, wie sich die Milchwirtschaft in Österreich positioniert und wie die Anforderungen einer möglichen Haltungskennzeichnung bestmöglich umgesetzt werden können, ohne wird es nicht gehen können. Die ersten Schritte in die Herkunftskennzeichnung in der Gemeinschaftsverpflegung werden begrüßt, in der Hoffnung, dass diese einen Sog in die richtige Richtung erzeugen können, damit die Herkunft von Milchprodukten, Käse, Joghurt, Topfen und vieles andere mehr, zukünftig transparenter gekennzeichnet wird.
Fazit
Der historische Preisanstieg war insbesondere kostengetrieben. Auch die Produktion und Verarbeitung beim Molkereibetrieb, bei der Sennerei und am landwirtschaftlichen Betrieb haben sich massiv verteuert. Die Preissteigerungen waren aber geringer als in Deutschland. Das hängt auch damit zusammen, dass die Konsumenten (und der Handel) preissensibler vorgingen und in Richtung Handelsmarken auswichen. Zukünftig wird das Thema Nachhaltigkeit von Tier und Flächenbewirtschaftung noch weit wichtiger und zentraler im Mittelpunkt des Konsumenteninteresses und des Marketings stehen. Da hat die Landwirtschaft in Österreich grundsätzlich eine gute Ausgangsposition, mit eigener Futtergrundlage, hohem Grünlandanteil, Kreislaufwirtschaft und einem herausragenden Umweltprogramm. Die vielfältige Milchlandschaft in Österreich, das österreichische Qualitätsversprechen und die Produktvielfalt sind zentrale Grundlagen der österreichischen Milcherzeugung auch in Zukunft, daran muss täglich gearbeitet werden, so Költringer zum Abschluss seiner Ausführungen.