25.02.2021 |
von Bernhard Ammann
„Keine halben Sachen mehr!“
Eingeladen waren Gesundheitsminister Rudolf Anschober (er ließ sich aber durch Beamte seines Ressorts vertreten), Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger, der Europarechtsexperte Walter Obwexer sowie Spitzenvertreter der agrarischen Produktionssparten (Schweinehaltung, Geflügelbauern, Rinderzüchter).
Im Regierungsprogramm ist bekanntlich eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung der Primärzutaten Milch, Fleisch und Eier in der Gemeinschaftsverpflegung (öffentlich und privat) sowie in verarbeiteten Lebensmitteln ab 2021 festgeschrieben. Ende Jänner legte das Gesundheitsministerium einen ersten Verordnungsentwurf dazu vor. Dieser geht der Landwirtschaft jedoch nicht weit genug, denn er enthält lediglich eine Herkunftskennzeichnung in der Gemeinschaftsverpflegung für die Produkte Rindfleisch und Eier. Die Vertreter der Landwirtschaft forderten eine vollständige Umsetzung des Regierungsprogramms. Die Konsumenten hätten ein Recht auf mehr Transparenz, sie wollten wissen, woher die Zutaten im Kantinenessen oder in Produkten der Lebensmittelindustrie kommen, wurde betont.
Im Regierungsprogramm ist bekanntlich eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung der Primärzutaten Milch, Fleisch und Eier in der Gemeinschaftsverpflegung (öffentlich und privat) sowie in verarbeiteten Lebensmitteln ab 2021 festgeschrieben. Ende Jänner legte das Gesundheitsministerium einen ersten Verordnungsentwurf dazu vor. Dieser geht der Landwirtschaft jedoch nicht weit genug, denn er enthält lediglich eine Herkunftskennzeichnung in der Gemeinschaftsverpflegung für die Produkte Rindfleisch und Eier. Die Vertreter der Landwirtschaft forderten eine vollständige Umsetzung des Regierungsprogramms. Die Konsumenten hätten ein Recht auf mehr Transparenz, sie wollten wissen, woher die Zutaten im Kantinenessen oder in Produkten der Lebensmittelindustrie kommen, wurde betont.
Rechtsgutachten zeigt Möglichkeiten auf
Das Landwirtschafts- und das Gesundheitsministerium haben zur rechtskonformen Umsetzung dieser Herkunftskennzeichnung ein gemeinsames Gutachten bei Europarechtsexperten Walter Obwexer in Auftrag gegeben. Daraus geht hervor, dass eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung bei verarbeiteten Produkten und in der Gemeinschaftsverpflegung bei Rindfleisch(erzeugnissen), bei Eiern, aber auch bei andern Produktgruppen möglich sei. Der Rechtsrahmen ist in diesem Bereich eng, eine Herkunftskennzeichnung wäre aber über eine Notifizierung bei der EU-Kommission unter Berücksichtigung von Qualitätsaspekten möglich. Die rechtliche Möglichkeit der Umsetzung der verpflichtenden Herkunftskennzeichnung ist unabhängig von der Anwendung des Produktes (Lebensmittelverarbeitung, Gemeinschaftsverpflegung oder Gastronomie). Eine Umsetzung bei der Gemeinschaftsverpflegung kann mit dem Verbraucherschutz argumentiert werden.
Nur Transparenz bringt Wahlfreiheit
„Gerade in der Krise wird die hohe Bedeutung regionaler Herkunft bei Lebensmitteln spürbar. Die Menschen wollen bewusst zu heimischen Produkten greifen, weil sie wissen, dass sie damit höchste Qualität bekommen und gleichzeitig Arbeitsplätze, Wertschöpfung und eine lebendige Landwirtschaft sichern. Doch ausgerechnet bei Verarbeitungsprodukten und in der Gemeinschaftsverpflegung ist eine bewusste Auswahl unmöglich, weil es keinerlei Hinweis auf die Herkunft gibt. Daher verlangen alle landwirtschaftlichen Organisationen schon seit Jahren eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung, wie sie im Regierungsprogramm steht. Es ist höchste Zeit, den Konsumentinnen und Konsumenten echte Wahlmöglichkeit zu geben. Damit sie bewusst zu heimischer Qualität greifen können, brauchen wir bei Verarbeitungsprodukten und in der Gemeinschaftsverpflegung, in deren Einrichtungen täglich 2,5 Millionen Menschen essen, eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung. Nur klare Transparenz ermöglicht volle Wahlfreiheit“, stellte LKÖ-Präsident Josef Moosbrugger im Rahmen der Expertenkonferenz Herkunftskennzeichnung fest.
Klarer Auftrag
„Wir wollen keine halben Sachen. Die Herkunftskennzeichnung ist so, wie sie im Regierungsprogramm steht, vollständig umzusetzen. Wir begrüßen den ersten Schritt des Gesundheitsministers, doch er ist zu wenig. Wir müssen umsetzen, was vereinbart ist, nämlich die verpflichtende Herkunftskennzeichnung bei verarbeiteten Produkten und in der Gemeinschaftsverpflegung bei den Produktgruppen Milch, Fleisch und Eier“, stellt Moosbrugger klar. Dass dies möglich ist, zeigt z.B. die Initiative „Gut zu wissen“. Sie wurde von der LK Österreich 2016 ins Leben gerufen, um in der Gemeinschaftsverpflegung eine transparente Herkunftskennzeichnung von Fleisch und Eiern einzuführen. Mittlerweile nehmen mehr als 80 Betriebe aus den unterschiedlichsten Bereichen, wie beispielsweise das Catering in den Speisewägen der ÖBB oder Kantinen in Bundesministerien, Schulen, Pensionistenheimen oder Spitälern, daran teil. Auf diese Weise wird derzeit bei jährlich über 14 Millionen Essensportionen die Herkunft lückenlos und klar ersichtlich gekennzeichnet.
Brauchen Kennzeichnungspflicht
„Wir brauchen die Kennzeichnungspflicht auch für die Lebensmittelindustrie und die Gemeinschaftsverpflegung. Damit können wir Missverständnisse ausräumen und die klare Position der Landwirtschaft darlegen. Gerne stellen wir unsere Expertise zur Verfügung, um endlich möglichst weitgehende Transparenz zu schaffen. Die Menschen wollen wissen, woher die Grundzutaten in verarbeiteten Produkten oder im Kantinenessen kommen“, stellte Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger fest.
„Gerne stellen wir unsere Expertise zur Verfügung, um endlich möglichst weitgehende Transparenz zu schaffen. Die Menschen wollen wissen, woher die Grundzutaten in verarbeiteten Produkten oder Kantinenessen kommen. Da geht es um große Küchen und Produzenten, hier ist eine Umsetzung wirklich möglich", stellte Köstinger fest.
„Gerne stellen wir unsere Expertise zur Verfügung, um endlich möglichst weitgehende Transparenz zu schaffen. Die Menschen wollen wissen, woher die Grundzutaten in verarbeiteten Produkten oder Kantinenessen kommen. Da geht es um große Küchen und Produzenten, hier ist eine Umsetzung wirklich möglich", stellte Köstinger fest.
Gesundheitsministerium ist gefordert
Markus Lukas, Obmann-Stellvertreter der Zentralen Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Geflügelwirtschaft (ZAG), verdeutlichte beim Expertengipfel, dass der Verordnungsentwurf des Gesundheitsministers, in dem es einen Vorstoß für die Kennzeichnung von Eiprodukten gibt, ein "guter erster Schritt" sei. "Das ist aber zu wenig, wir brauchen nicht den kleinsten, sondern den größten gemeinsamen Nenner, also auch die Herkunftskennzeichnung bei Geflügelfleisch", so Lukas. "Immer mehr Konsumenten achten darauf, woher ihre Lebensmittel kommen. Wenn die Kennzeichnung klarer ist, werden mehr Kunden auf regionale Qualitätsware greifen, statt auf Billigimporte, wo es geringere Produktionsstandards gibt. Unsere Tierwohlstandards und die gentechnikfreie Fütterung machen den Unterschied aus. Das Gesundheitsministerium ist jetzt gefordert, einen neuen Vorschlag vorzulegen", so Lukas.
Kunden über hohe Tierwohlstandards informieren
Auch wenn der Verordnungsentwurf des Gesundheitsressorts die Kennzeichnung von Rindfleischerzeugnissen in der Gemeinschaftsverpflegung beinhaltet, sprechen sich die Zentrale Arbeitsgemeinschaft der Österreichischen Rinderzüchter (ZAR) und die ARGE Rind für die Kennzeichnung auch bei verarbeiteten Produkten sowie bei Milch und Milchprodukten aus. "Wir haben die höchsten Tierwohlstandards in Europa. Das ist unser Trumpf, und darauf legen die Menschen immer mehr Wert. Wenn die Kunden ins Regal schauen, sollen sie diese wichtige Information eindeutig erkennen können und die Wahl haben", betonten ZAR-Obmann Stefan Lindner und ARGE Rind-Obmann Josef Fradler. Angesichts der Tatsache, dass Österreich derzeit mehr Kalbfleisch importiere als exportiere, sei die Herkunftskennzeichnung ein notwendiger Schritt für eine langfristige Trendumkehr.
Erweiterung der Kennzeichnung in der Schweinehaltung
„Wir sind bereit, höhere Auflagen, wie wir sie im Tierwohlpakt vereinbart haben, zu erfüllen. Das muss aber im Gleichklang mit der umfassenden Herkunftskennzeichnung geschehen, damit die Kunden das auch wissen", erklärte Walter Lederhilger vom Verband Österreichischer Schweinebauern. Was für Rindfleischerzeugnisse möglich sei, müsse auch für Schweinefleischprodukte gelten. Der Gesundheitsminister ist jetzt gefordert, er muss die Verordnung noch nachschärfen. Wir sind gerne bereit, unsere Expertise miteinzubringen", so Lederhilger.
Richtungswechsel zu mehr Lebensmitteltransparenz
„Erst durch eine umfassende Herkunftskennzeichnung bekommen die Konsumenten eine echte Chance mitzubestimmen", betonte Hannes Royer, Obmann von "Land schafft Leben". Die rasche Umsetzung des Regierungsprogramms leite einen notwendigen Richtungswechsel hin zu mehr Lebensmitteltransparenz ein. Das ermögliche dann auch den bewussten Griff zu österreichischen Lebensmitteln. "Wir müssen jetzt einen großen Schritt machen und dürfen uns nicht mit einem kleinen zufriedengeben", so Royer, der den Gipfel als "wichtige Weichenstellung für die längst fällige Herkunftskennzeichnung" sieht.
Strasser gegen Minimalkompromisse
Eine transparente Herkunftskennzeichnung bei Lebensmitteln ist seit Jahren eine zentrale Forderung des Bauernbundes. Der vorliegende Entwurf des Gesundheitsministeriums zur Kennzeichnung in der Gemeinschaftsverpflegung geht aber nicht weit genug, wie heute bei einem Gipfel zur Herkunftskennzeichnung in der Landwirtschaftskammer Österreich betont wurde. Bauernbund-Präsident Georg Strasser: "Wir begrüßen, dass endlich ein Entwurf auf dem Tisch liegt. Dieser erste Schritt enthält aber lediglich eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung in der Gemeinschaftsverpflegung für die Produkte Rindfleisch und Eier. Das geht uns zu wenig weit. Wir wollen eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung der Primärzutaten Milch, Fleisch und Eier in der Gemeinschaftsverpflegung und in verarbeiteten Lebensmitteln ab 2021 - so wie es im Regierungsprogramm steht. Hier ist Bundesminister Anschober gefordert, noch einmal nachzuschärfen."