Die Ergebnisse des aktuellen Grünen Berichts, der einen Überblick über die Situation der österreichischen Land- und Forstwirtschaft gibt, zeigen ein Ausnahmejahr 2022.
So führten die international stark schwankende Preis- und Absatzsituation im Vorjahr zu einem kurzfristigen Aufatmen. Im Durchschnitt kam es zu einem Einkommensplus von 42 Prozent bezogen auf das Jahr davor. Der Stundenlohn 2022 von rund 16 Euro brutto zeigt jedoch nach wie vor einen niedrigen Wert. Zum Vergleich: Jener der unselbstständigen Erwerbstätigen lag bei rund 24 Euro. „Unsere Land- und Forstbetriebe versorgen uns tagtäglich mit Lebensmitteln, erneuerbarer Energie und Rohstoffen, darüber hinaus sind sie ein unverzichtbarer Wirtschaftsfaktor. Das verdeutlichen die Ergebnisse des Grünen Berichts für das Jahr 2022. Die land- und forstwirtschaftliche Produktion ist ein wesentliches Fundament unserer Volkswirtschaft. Der Produktionswert der Land- und Forstwirtschaft lag bei rund 13,5 Milliarden Euro, erklärt Landwirtschaftsminister Mag. Norbert Totschnig, MSc.
Erzeugerpreise sinken
Ein volatiles Krisenjahr führe erfahrungsgemäß zu einem Einkommensrückgang im darauffolgenden Jahr, so Johannes Fankhauser, Leiter der Sektion Landwirtschaft im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft (BML). „Dies zeigen bereits die seit Beginn des Jahres 2023 sinkenden Erzeugerpreise bei nahezu gleich hohen Produktionskosten. Wir erwarten für 2023 daher ein rückläufiges bäuerliches Einkommen“, resümiert Fankhauser über den neuen Grünen Bericht für das Jahr 2022, der nun dem Nationalrat übermittelt wird und aufgrund der rechtlichen Vorgaben jährlich vom Landwirtschaftsministerium erarbeitet werden muss. Für das Jahr 2022 wurden die Buchführungsdaten von 1.936 land- und forstwirtschaftlichen Betrieben ausgewertet. Die Einkünfte 2022 aus der Land- und Forstwirtschaft liegen laut Grünem Bericht im Durchschnitt bei 45.757 Euro je Betrieb (rund 1,4 betriebliche Arbeitskräfte). „Eine durchschnittliche Betrachtung auf das Vorjahr bezogen ist wenig aussagekräftig, was die wirtschaftliche Ertragslage der Betriebe betrifft. Die Einkommensentwicklung ist über mehrere Jahre hinweg zu beurteilen. Im Zehnjahresvergleich zeigt sich bis zum Vorjahr eine Stagnation. Ein Einkommensplus ist zum Erhalt der bäuerlichen Struktur sowie für Investitionen für mehr Tierwohl- und Klimaschutzmaßnahmen notwendig“, so Fankhauser. Laut dem Ministerium trug der primäre Sektor 2022 rund 1,5 Prozent zur Bruttowertschöpfung bei. Der Produktionswert der Land- und Forstwirtschaft betrug 2022 rund 13,5 Milliarden Euro (+23,3 Prozent), davon entfielen 10,5 Milliarden Euro auf die Landwirtschaft und drei Milliarden Euro auf die Forstwirtschaft. Der Wert der pflanzlichen Erzeugung erhöhte sich 2022 um 26,9 Prozent auf rund 5,1 Milliarden Euro. Der Wert der tierischen Produktion konnte 2022 um 19,6 Prozent auf rund 4,4 Milliarden Euro gesteigert werden. Die Aufwendungen der österreichischen Landwirtschaft für Vorleistungen erhöhten sich laut BML um 23,2 Prozent und betrugen rund 6,1 Milliarden Euro. Einem rückläufigen Einsatzvolumen stand ein Anstieg des durchschnittlichen Preisniveaus der eingesetzten Vorleistungen um 27,4 Prozent gegenüber. Eine drastische Verteuerung gab es bei Düngemitteln, ebenfalls erhebliche Preisanstiege waren bei Futtermitteln und Energie zu verzeichnen.
Außenhandel positiv
Auch der österreichische Agraraußenhandel entwickelte sich im Jahr 2022 positiv und ausgeglichen: Dabei erhöhten sich die Exporte um 16,7 Prozent auf 16,1 Milliarden Euro sowie die Importe um 16,8 Prozent auf 16,2 Milliarden Euro. Beim Handel mit agrarischen Produkten waren die EU-Staaten Deutschland, Italien, die Niederlande und Ungarn die wichtigsten Partner Österreichs. Österreich weist durch seine kleinteilige, landwirtschaftliche Struktur gute Voraussetzungen für den Erhalt der Biodiversität bzw. die Erfüllung von Umweltleistungen auf. Rund 73 Prozent der Betriebe mit 66 Prozent der Flächen liegen laut BML im benachteiligten Gebiet mit schwer zu bewirtschaftenden bzw. weniger ertragreichen, dafür aber hoch biodiversitätsrelevanten Flächen. Zudem zeichne sich Österreich durch eine hohe Vielfalt an Produktionssparten aus, angefangen von Rinder- und Schweinehaltung bis hin zu Ackerbau, Weinbau als auch der Almwirtschaft. Das hohe Umweltbewusstsein der Bäuerinnen und Bauern zeige sich an der hohen Teilnahme (über 80 Prozent) am neuen freiwilligen Agrarumweltprogramm ÖPUL als auch dem sehr hohen Bio-Anteil von 27,7 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen. Zusammenfassend zeige sich, dass die landwirtschaftlichen Betriebe in Österreich umfassende Umweltleistungen für die gesamte Gesellschaft und den ländlichen Raum als Lebens- und Erholungsort leisteten. Durch die Aufrechterhaltung der Kulturlandschaft werde darüber hinaus ein attraktiver Lebens- und Erholungsraum geschaffen, der die Basis beispielsweise für die touristische Nutzung darstelle. „Die Einkommenssituation unserer Bäuerinnen und Bauern ist von enorm volatilen Märkten und internationalen Preisschwankungen gekennzeichnet und gleicht einer unberechenbaren Achterbahnfahrt. Deshalb besteht nach dem Einkommensplus kein Grund zum Jubeln, die aktuelle Entwicklung gibt vielmehr Anlass zur Sorge. Klar ist jedenfalls, dass sich nach einer langjährigen Stagnation und zwei Jahren der Aufwärtsbewegung heuer wieder eine Talfahrt abzeichnet“, erklärt Landwirtschaftskammer LKÖ-Präsident Josef Moosbrugger die aktuelle Situation der Bäuerinnen und Bauern anlässlich der Präsentation des Grünen Berichts. „Selbst nach dem Anstieg 2022 liegen die Bäuerinnen und Bauern bei den Einkünften weiterhin deutlich unter dem Durchschnitt der Gesamtbevölkerung. Mehr Jahre mit positiver Einkommensentwicklung und mehr Stabilität sind notwendig, um die schlechten Jahre auszugleichen, Reserven zu bilden und den Fortbestand unserer Familienbetriebe samt ihren Leistungen abzusichern“, fordert der LKÖ-Präsident. „Die Investitionstätigkeit ist derzeit sehr gebremst. Faktum ist, dass die Inflation und die steigenden Lebenshaltungskosten auch unsere Bauernfamilien zurzeit sehr fordern. Die aktuelle Entwicklung ist daher höchst herausfordernd“, so Moosbrugger in Richtung Gesellschaft.