05.12.2016 |
von Dr. Med.vet. Martin Kaske, Dr. med.vet. Maren Feldmann
Die Geburt stellt die Weichen
Voraussetzung für eine optimale Geburtsüberwachung und –hilfe ist ein spezieller Abkalbebereich, der nicht gleichzeitig als Krankenstall genutzt wird. Er sollte folgende Bedingungen erfüllen:
In Gruppenboxen stallt man die Tiere etwa eine Woche vor dem erwarteten Geburtstermin um. Bei Einzelbuchten ist die Umstallung erst einen Tag vor der Kalbung optimal. Stellt man dann fest, dass die Beckenbänder weich werden, sollte man die Muttertiere alle drei Stunden kontrollieren. Nach Sichtbarwerden oder Platzen der Fruchtblasen sind die Intervalle auf 30 Minuten zu verkürzen.
- Es sollten mindestens vier Plätze je 100 Kühe verfügbar sein.
- Die Mindestgröße von Einzelboxen sollte bei zwölf Quadratmetern liegen, Gruppenbuchten sollten über mindestens acht Quadratmeter pro Kuh verfügen und quadratisch sein.
- Die kalbenden Tiere sollten Sichtkontakt zu den anderen Tieren der Herde haben.
- Die Liegefläche sollte weich, trittsicher und trocken sein. Zur Schaffung einer Strohmatratze müssen täglich zehn bis zwölf Kilogramm Stroh pro Kuh nachgelegt werden.
- Abkalbeboxen müssen für eine unkomplizierte Entmistung befahrbar sein. Vorteilhaft ist, wenn man Kühe fixieren und festliegende Tiere kontrolliert aufheben kann. Ein Kalt- und Warmwasseranschluss sollten in unmittelbarer Nähe sein. Günstig sind Kameras zur Überwachung aus der Distanz.
- Unter Praxisbedingungen ist eine komplette Entmistung und fachgerechte Desinfektion nach jeder Abkalbung kaum umsetzbar und birgt die Gefahr des Ausgrätschens standunsicherer Tiere. Ein regelmäßiges Misten, je nach Frequenz der Kalbungen alle zwei bis vier Wochen und frisches Nachstreuen nach jeder Abkalbung sind notwendig.
In Gruppenboxen stallt man die Tiere etwa eine Woche vor dem erwarteten Geburtstermin um. Bei Einzelbuchten ist die Umstallung erst einen Tag vor der Kalbung optimal. Stellt man dann fest, dass die Beckenbänder weich werden, sollte man die Muttertiere alle drei Stunden kontrollieren. Nach Sichtbarwerden oder Platzen der Fruchtblasen sind die Intervalle auf 30 Minuten zu verkürzen.
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Die Kuh optimal unterstützen
Der natürliche Geburtsverlauf ist der Zeitgeber für die Geburtshilfe. Dazu muss man den Geburtsverlauf mit den einzelnen Phasen kennen und die kalbende Kuh in entsprechenden Zeitabständen beobachten. Greift man zu früh ein, indem man zum Beispiel das Kalb kurz nach dem Platzen der Fruchtblasen herauszieht, macht man normale Geburten erst zu Schwergeburten. Das Risiko von Geburtsverletzungen und Totgeburten steigt erheblich.
Offensichtliche Geburtsstörungen erfordern eine vaginale Untersuchung, wenn
Offensichtliche Geburtsstörungen erfordern eine vaginale Untersuchung, wenn
- nach dem Platzen der Fruchtblasen nicht beide Klauen des Kalbes trotz anhaltender Wehentätigkeit innerhalb von zwei Stunden, bei Kalbinnen innerhalb von drei bis vier Stunden sichtbar werden,
- ein bis zwei Stunden nach Platzen der Fruchtblasen keine Wehentätigkeit mehr zu beobachten ist,
- nach Sichtbarwerden beider Klauenspitzen nach zwei Stunden kein Fortschritt erkennbar ist ("two feet – two hours").
Wenn ziehen, dann so
Einfache Haltungskorrekturen können auch erfahrene Landwirte vornehmen. Anschließend wird das Kalb wie folgt herausgezogen:
- maximal eine Person pro Bein und angegebene Zugstärke am mechanischen Geburtshelfer,
- Zug nur während der Bauchpresse in Verlängerung der Längsachse des Muttertieres
- bei Kälbern in Vorderendlage ändern der Zugrichtung nach Durchtritt der Brustpartie um etwa 45° nach unten. Wird das Kalb in Hinterendlage geboren, wird die Zugrichtung nicht geändert. In diesem Fall muss man darauf achten, dass das Kalb möglichst schnell ausgezogen wird.
Sauberkeit ist extrem wichtig
Die Hygiene beginnt mit der Umstallung des Tieres in eine reichlich und frisch eingestreute Abkalbebox. Für eine geburtshilfliche Untersuchung sind Genitalbereich der Kuh sowie Arme und Hände des Geburtshelfers gründlich zu reinigen. Nur so lassen sich massive Infektionen und Entzündungen der Gebärmutter vermeiden, die Tage später durch stinkenden Ausfluss aus der Scheide offensichtlich werden. Gleitgel und Einmalhandschuhe sollen bereit stehen. Die Geburtsinstrumente, wie Stricke, Ketten und mechanischer Geburtshelfer muss man nach jeder Geburt reinigen, desinfizieren und sauber lagern.
Pflichten nach dem Kalben
Unmittelbar nach der Geburt sollte man dem Kalb Schleim aus den Atemwegen ausmassieren. Die Atmung kann man durch einen Kaltwasserguss in die Nackenregion anregen. Grundsätzlich ist die Brustlage des Kalbes optimal, um eine Belüftung der Lunge bei den ersten Atemzügen zu ermöglichen. Intensives Trockenreiben mit Stroh aktiviert Kreislauf und Atmung. Zu prüfen ist, ob die Nabelschnur an der präformierten Rissstelle etwa zehn Zentimeter unterhalb der Bauchwand gerissen ist. Ein zu kurzer und blutender Nabelstumpf erfordert eventuell eine tierärztliche Behandlung.
Kuh richtig versorgen
Unmittelbar nach der Geburt sollte man dem Muttertier eine Energietränke anbieten, die man mit handwarmem Wasser in einem mindestens 20 Liter fassenden Eimer anmischt. Auch frisches, schmackhaftes Futter sollte verfügbar sein.
Eine geburtshilfliche Nachuntersuchung des Muttertieres ist immer sinnvoll, um zu prüfen, ob noch ein zweites Kalb vorhanden ist und/oder der Geburtsweg verletzt wurde. Wiederum ist penible Sauberkeit zentral. Das gilt auch für das sofortige Abmelken der Biestmilch, um diese möglichst schnell dem neugeborenen Kalb als Lebensversicherung zukommen zu lassen.
Bei mehrkalbigen Kühen ergibt sich aus auffälligem Muskelzittern, Standunsicherheit, Untertemperatur (< 38,5° C) und gestörtem Allgemeinbefinden der Verdacht auf eine Hypocalcämie – "Milchfieber". Eine möglichst schnelle Infusion von Calcium durch den Tierarzt kann Folgeerscheinungen, wie zum Beispiel Ausgrätschen und Festliegen, verhindern. Wenn die Kuh unkompliziert gekalbt hat und auch die Nachgeburt noch innerhalb von zwölf Stunden nach der Kalbung abgegangen ist, steht einem erfolgreichen Start der Kuh in die Laktation nichts mehr im Wege.
Eine geburtshilfliche Nachuntersuchung des Muttertieres ist immer sinnvoll, um zu prüfen, ob noch ein zweites Kalb vorhanden ist und/oder der Geburtsweg verletzt wurde. Wiederum ist penible Sauberkeit zentral. Das gilt auch für das sofortige Abmelken der Biestmilch, um diese möglichst schnell dem neugeborenen Kalb als Lebensversicherung zukommen zu lassen.
Bei mehrkalbigen Kühen ergibt sich aus auffälligem Muskelzittern, Standunsicherheit, Untertemperatur (< 38,5° C) und gestörtem Allgemeinbefinden der Verdacht auf eine Hypocalcämie – "Milchfieber". Eine möglichst schnelle Infusion von Calcium durch den Tierarzt kann Folgeerscheinungen, wie zum Beispiel Ausgrätschen und Festliegen, verhindern. Wenn die Kuh unkompliziert gekalbt hat und auch die Nachgeburt noch innerhalb von zwölf Stunden nach der Kalbung abgegangen ist, steht einem erfolgreichen Start der Kuh in die Laktation nichts mehr im Wege.